Manchmal möchte man die ganz kleinen Dinge sehen. Damit das auch klappt, müssen wir uns im Rahmen unseres Oszilloskop Ratgebers ein wenig mit dem Auflösungsvermögen der beiden Oszilloskop-Achsen beschäftigen und nicht zuletzt auch mit den Grenzen des im Oszilloskop verwendeten A/D-Wandlers (analog zu digital).
Die modernen digitalen Oszilloskope sind selbst schon leistungsfähige Rechner geworden, die so konfiguriert werden können, dass sie auf Wunsch auch Wiederholungsmessungen automatisiert mit der größtmöglichen Präzision in einem vorgegebenen Zeittakt durchführen können.
Eine ganz wesentliche Grundeinstellung, die du immer beachten solltest, ist die Skalierung. Sie ist im Wesentlichen für die Auflösung, aber auch für die Abtastrate (Sampling) verantwortlich. Um dies plausibel zu erklären, möchten wir ein Beispiel für die vertikale (Amplituden)Achse etwas näher betrachten:
Die vertikale Amplitudenachse des Oszilloskops
Angenommen, dein digitales Oszilloskop ist mit einem 21-bit-Digitalisierer ausgestattet. Das bedeutet dann, dass der maximale Messbereich, den du bei den Einstellungen vorgeben kannst, in 2 hoch 21 (= 2.097.152) diskrete Zwischenschritte untergliedert ist. Wenn ein Messbereich von -1000 bis +1000 Volt eingestellt wird, dann erreichst du mit dem Oszilloskop ein maximal mögliches Auflösungsvermögen von ca. 0.1 mV. Wenn du aber weißt, dass dich die großen Ausschläge der Messkurve gar nicht interessieren, sondern nur der Bereich von +/- 1 Volt um die Nulllinie herum, dann wählst du diese viel engeren Grenzen auch als maximalen Messbereich aus. Der Digitalisierer teilt dann 2 Volt in gut 2 Mio. Abschnitte ein und erreicht damit ein Auflösungsvermögen von 1 Mikrovolt. Das bedeutet, du betrachtest den Prozess sehr viel genauer (mit der digitalen Lupe).
Der horizontale Zeitstrahl
Die horizontale Skala ist beim Oszilloskop immer der Zeitstrahl. Bei Änderung der Zeitbasiseinstellung wird die Abtastrate (auch Samplingrate genannt) neu fixiert und damit auch die Zeit pro Skalenteil. Auch in diesem Fall musst du wissen, was du haben beziehungsweise erreichen willst. Ein kleines Beispiel verschafft auch hierbei mehr Verständnis: Wenn du dich für die Schwankungen der täglichen Außentemperatur interessierst, macht es wenig Sinn, die Temperaturmessung 1000 Mal in der Sekunde abzugreifen und zu speichern, wohl aber alle 4 Minuten (240 sec = 0.0025 Hz) einen Temperaturwert zu notieren, das würde die Tagestemperaturkurve ausreichend genau widerspiegeln. Wer die Bodenbewegungen eines lokalen Erdbebens messen möchte, dessen Signalfrequenzen bis zu 70 Hz betragen können, muss eine Samplingrate von mindestens 140 Hz, besser gleich 200 Hz einstellen. In diesem Fall werden auf dem Bildschirm maximal einige 10er-Sekunden des Zeitstrahls angezeigt.
Umgekehrt kann man sagen: Je kleiner die Abtastrate, desto kleiner ist auch die Zeitspanne, die der Speicher des Scopes mit Signaldaten erfassen kann. Diese Erkenntnis ist besonders dann wichtig, wenn zeitbezogene Messungen wie (kurze) Anstiegszeiten und Flankensteilheit, Impulsbreiten oder Frequenzen eine Rolle spielen.